Süderoogsand gibt alte Schiffswracks frei

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(CIS-intern) – „Ein Kranz von alten Wracks ragt, wie Kamelgerippe in der Wüste von weitem sichtbar, aus den Wassern um Süderoog hervor.“ So schrieb Detlev von Liliencron vor über 100 Jahren. Doch die wandernde Sandbank westlich der Hallig hatte die Überreste der gestrandeten Schiffe im Laufe der Jahre verschluckt. Jetzt gibt sie sie wieder frei.

Foto: Brunckhorst/LKN-SH

„Das sind Bilder, die habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen“, staunt Dr. Hans Joachim Kühn, als er auf dem Süderoogsand steht. Der Archäologe war bis vor zwei Jahren Dezernent am Landesamt für Vor- und Frühgeschichte in Schleswig mit dem Schwerpunkt Küstenarchäologie. „Während meiner gesamten Dienstzeit sind auf den Sänden keine spektakulären Schiffswracks aufgetaucht“, sagt er, „und kaum bin ich weg…“ Daher ließ es sich der Pensionär nicht nehmen, heute gemeinsam mit dem Vermessungsspezialisten des Landesbetriebs für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz (LKN-SH) auf den Süderoogsand zu fahren und die Wracks in Augenschein zu nehmen.

Der Süderoogsand ist der größte und südlichste der drei nordfriesischen Außensände. Etwas unwirklich wirkt der scheinbar endlose Sand hier mitten im Watt bei strahlendem Sonnenschein und spiegelglatter See. Die Bake, Seezeichen, Leuchtfeuer und Rettungsbake zugleich, steht als einziges Bauwerk in der Weite. Wenige Meter daneben liegt der eiserne Rumpf der „Ulpiano“. Ein bekanntes Wrack. Doch in den vergangenen Jahrzehnten lag es nie so weit frei wie jetzt. „Es hat im Bereich der Bake starke Erosion gegeben“, stellt Vermessungsingenieur Ernst-Julius Levsen fest. Der südliche Süderoogsand ist nicht stabil. Und noch eine interessante Entdeckung macht er an einer Abbruchkante an der Westseite des Sandes: Klei! Das Fundament der Sandbank ist offenbar altes Marschland.

Etwa 40 Meter wandert die Sandbank in diesem Bereich seit 2005 pro Jahr nach Osten. Das heißt auch: „Was wir heute hier sehen, sehen wir so nie wieder“, wie Dr. Kühn feststellt. „Die Dinge verändern sich einfach sehr schnell hier draußen.“

Er muss nicht lange suchen, um auf ein weiteres Wrack zu stoßen. Ein Holzschiff, schon mit Eisen verbolzt, ungefähr aus der Zeit um 1700. Um das genaue Alter zu bestimmen, müssten Proben aus dem Holz genommen werden. An anderer Stelle schauen die Überreste eines Stahlschiffes aus dem Sand. Für heute begnügen sich Levsen und er damit, die genaue Lage der Wracks einzumessen und Bilder zu machen. „Es besteht bei dieser Dynamik die Hoffnung, dass weitere Schiffe gefunden werden könnten“, sagt der Archäologe, für den Wracks einen ganz besonderen Wert haben. Kühn: „Wracks sind Zeitkapseln. In ihnen wird alles aufbewahrt.“

Und das Watt vor der nordfriesischen Küste ist besonders reich an solchen Zeitkapseln, denn Segelschiffe, die bei starkem Sturm den Sandbänken zu nahe kamen, hatten kaum eine Chance, Strandungen und Untergänge häuften sich hier. Seit 1600 sind in Nordfriesland etwa 800 Schiffsstrandungen urkundlich belegt. Dass besonders viele Wracks in der Nähe der Bake liegen, wundert Dr. Kühn nicht: „Wahrscheinlich haben die Schiffsbesatzungen versucht, sich bei dem drohenden Untergang hierher zu retten.

So wie die zwölf spanischen Matrosen der „Ulpiano“. Ihre Bark trieb bei der Jungfernfahrt in schwerem Eis am Heiligabend 1870 auf den Sand. Die Mannschaft konnte sich in die Rettungsbake flüchten, von wo sie einige Tage später von den Bewohnern Süderoogs gerettet wurde. Zehn Wochen verbrachten die Spanier danach auf der kleinen Hallig, wo noch heute das reich verzierte Heckschild der „Ulpiano“ an diese spektakuläre Strandung erinnert.

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