(CIS-intern) – Nordfrieslands Wirtschaft ist dank ihrer mittelständischen Struktur seit Jahren im Aufschwung, muss sich jedoch für den kommenden Fachkräftemangel rüsten. Das ist das Fazit der „Konjunktur-Runde Nordfriesland“, einer Veranstaltung von Nordfrieslands Wirtschaftsförderungsgesellschaft, zu der 55 Wirtschafts- und Kommunalvertreter ins Husumer NordseeCongressCentrum kamen. Achim Georg vom Hamburger Beratungsinstitut Georg Consulting präsentierte als Diskussionsgrundlage Daten über Bevölkerungsentwicklung, Arbeitsmarkt, Wirtschaftsstruktur, Wohnen, Energie, Bildung und Soziales, die er für das „Fact Book“ der regionalen Kooperation A23/ B5 zusammengestellt hatte. „Dadurch können wir gemeinsam sehen, wo wir stehen, und die Ergebnisse unserer wirtschaftspolitischen Impulse in regelmäßigen Abständen analysieren“, erklärte Nordfrieslands Landrat Dieter Harrsen. In der regionalen Kooperation A23/ B5 arbeiten die Kreise Pinneberg, Steinburg, Dithmarschen und Nordfriesland zusammen.
Foto: Dr. Matthias Hüppauff (links), Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Nordfriesland, und die Referenten der „Konjunkturrunde Nordfriesland“ belegten die positive Entwicklung der regionalen Wirtschaft.
Foto: WFG NF/ Jensen
„Man kann in Nordfriesland von einer Sonderkonjunktur durch Investitionen in erneuerbare Energien sprechen“, sagte Dr. Matthias Hüppauff, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Nordfriesland (WFG). „Die Investitionen in Maschinen und Anlagen haben sich hier in den vergangenen zehn Jahren verfünffacht.“ Achim Georg bestätigte, dass Nordfrieslands Stärken in der geringen Arbeitslosenquote, niedrigen Lebenshaltungskosten und einem hohen Angebot an beruflicher Bildung liegen. Der Anteil des Dienstleistungssektors an der der Bruttowertschöpfung liegt in Nordfriesland bei 71 Prozent (in Hamburg bei 85 Prozent), Landwirtschaft und Fischerei liegen bei 4 Prozent. Rund 25 Prozent entfallen auf das Produzierende Gewerbe. Die industrielle Wertschöpfung, so erklärte Achim Georg, sei jedoch in der gesamten Region entlang der Landesentwicklungsachse A 23/ B 5 seit 2002 sechsmal stärker angestiegen als die des Dienstleistungssektors. Der Regionalberater empfahl deshalb, den industriellen Sektor durch die Bereitstellung von Gewerbeflächen und gut ausgebildeten Arbeitskräften zu fördern. Die niedrigen Lebenshaltungskosten mit Mieten, die im Mittel 50 Prozent unter dem Hamburger Durchschnitt liegen, sollten nach Georgs Empfehlung bei der Werbung um Fachkräfte positiv herausgestellt werden. Als eine Schwäche Nordfrieslands nannte er unter anderem das niedrige Lohnniveau, das zu einer im Vergleich zum Bundesdurchschnitt geringeren Kaufkraft führe. Es entsteht unter anderem durch die zahlreichen Aushilfsjobs im Gastgewerbe und führt dazu, dass sich viele gut ausgebildete Nordfriesen ihre Arbeit außerhalb des Kreisgebiets suchen und auspendeln. Landrat Harrsen bestätigte, dass hier Handlungsbedarf bestehe.
Ole Dunklau von der Industrie- und Handelskammer zu Flensburg (IHK) präsentierte den IHK-Konjunkturklimaindex mit positiven Trends vor allem im Dienstleistungssektor und im Bereich Transport und Verkehr. Er stellte heraus, dass die nordfriesische Wirtschaft wegen ihrer mittelständischen Struktur weniger anfällig für Konjunkturschwankungen sei als international tätige Unternehmen. Aus den Umfragen unter den IHK-Mitgliedsunternehmen gehe aber auch hervor, dass der Fachkräftemangel und Rahmenbedingungen wie politische Vorgaben und die Infrastruktur die Unternehmen beschäftigen.
Das betrifft auch die Agrar-Branche, wie Wolfgang Stapelfeldt, Vorsitzender des Kreisbauernverbandes Südtondern, berichtete. Landwirtschaftliche Fachkräfte wanderten zum Beispiel nach Dänemark ab. Dabei sei der Betrieb großer Höfe allein mit Familienarbeitskräften nicht mehr zu bewerkstelligen.
„Wir sollten uns darauf konzentrieren, den Fachkräftebedarf mit unseren regionalen Ressourcen zu decken“, sagte Hans-Martin Rump von der Arbeitsagentur Flensburg. Er präsentierte zusammen mit Axel Scholz vom Jobcenter des Kreises Zahlen zum nordfriesischen Arbeitsmarkt. „Die berufliche Qualifizierung ist der Schlüssel zur Fachkräftesicherung“, so Rump.
Rolf Hansen von der Kreishandwerkerschaft Nordfriesland-Süd nannte positive Beispiele für die Integration älterer Arbeitnehmer. Er bilde zurzeit in seinem eigenen Betrieb einen 45 Jahre alten Umschüler aus dem Pflegebereich aus. Von dessen großer Motivation und Lebenserfahrung profitierten alle Kollegen. Hansen plädierte dafür, neben älteren Arbeitnehmern verstärkt Studienabbrecher und Zuwanderer für eine handwerkliche Ausbildung anzuwerben.
In der abschließenden Diskussion waren sich alle Beteiligten einig, dass Zuwanderer für die Region wichtig sind und schnellstmöglich in den Arbeitsmarkt integriert werden müssen. Landrat Harrsen verwies auf den vom Kreis ins Leben gerufenen nationalen Integrationsplan für Migranten und Flüchtlinge.
Die „Konjunkturrunde Nordfriesland“ soll als regelmäßige Veranstaltung, voraussichtlich im Zwei-Jahres-Rhythmus, fortgeführt werden. „Unser Ziel ist es auch, Ideen und neue Kooperationen anzuregen, die die regionale Wirtschaft voranbringen“, sagte WFG-Geschäftsführer Dr. Matthias Hüppauff.
PM: Wirtschaftsförderung Nordfriesland